#eazföarmä
Aktualisiert: 13. März
Wenn männliche Vorbilder fehlen
Immer wieder kommen junge Männer zu mir ins Coaching. Mit ihren 18 Jahren haben sie die Schulpflicht abgeschlossen und eine abgeschlossene Lehre oder die Matura in der Hand. Was ihnen fehlt ist eine Perspektive. Vertrauen in ihre Fähigkeiten. Sicherheit und Halt. Und ein Mann, der sie auf ihrem Weg begleitet. Da ist: für alle Fragen und Unsicherheiten, Probleme und Ängste, ... Es muss nicht immer der Vater sein. Aber es wäre schön.
In diesem Artikel möchte ich einige Themen aus meinem Arbeitsalltag ansprechen, wohlwissend, dass ich damit ein Buch füllen könnte... und ein paar hilfreiche Tipps am Ende!
VaterLosigkeit
Die meisten Männer wissen, wie es sich anfühlt, wenn der Vater keine Zeit hatte oder sich irgendwie nicht für uns interessiert hat. (Zumindest so fühlte es sich oft an.) Unsere Väter haben alle ihr Bestes gegeben. Sie wussten einfach auch nicht anders mit uns umzugehen. Wie auch. Es hat ja auch niemand über die Bedeutung des VaterSeins gesprochen. Und Jungs brauchen Männer, die sie einfühlsam und doch klar auf ihrem Weg begleiten.
KinderErziehung WAR Frauensache
Das ändert sich jetzt. Es darf sich ändern.
Und: auch wenn die Vorbilder oft fehlen, allein schon der Gedanke und die Tatsache, dass ich heute mit anderen Männern über meine Gedanken und Gefühle sprechen darf ... oder du diesen Artikel hier liest ... hat viel Potential für die Entwicklung unserer Jugend!
Und trotzdem:
Perspektivlos in die Zukunft?
Wie oben schon beschrieben, die Jugend befindet sich in einer Krise. Was sie nicht haben ist eine Perspektive. Was ihnen oft fehlt sind Männer, die ihnen zur Seite stehen. Ich lasse sie selbst einmal zu Wort kommen...
Ich habe manchmal das Gefühl, als stehe ich vor einer Wand. Da ist keine Tür, nicht einmal ein Fenster. Und ich muss da stehen. (Aaron)
Keine Ahnung. Ich sehe da nichts. Ziel? Weshalb? Es ist doch in einem Jahr wieder alles anders. (Markus)
Ich habe abgeschalten. Irgendwie seit dem Lockdown. Es hat mir damals weh getan. Und es war niemand da, mit dem ich reden konnte. Und ich lasse es jetzt ausgeschaltet. Irgendwie habe ich Angst davor. (Vor der Zukunft; Anm. B.D) (Luzia)
Es ist, als ob ich da stehen würde. Und es ist, als ob mich niemand abholt. Papa sitzt auch nur in der Garage. (Georg)
Wie oft warte ich auf Papa. Er fragt nicht einmal nach meinen Testnoten. Ich glaube, er interessiert sich einfach nicht für mich. (Lukas)
Es ist, als ob mich niemand abholt
So wie Georg es beschreibt, wartet er darauf, abgeholt zu werden. Georg ist 21 Jahre alt. Er sieht seinen Vater selten, lebt bei seiner Mama auf und war bisher ein ausgezeichneter Schüler und Musikant. Vor zwei Jahren hat alles begonnen. Der Lockdown, die Krisen, die Angst. Der Mama traut er sich nichts zu sagen. Sie hat genug Sorgen mit den anderen Geschwistern und dem Erhalt der Wohnung. Und der Papa? "Der ist nicht da."
In der Schule hatte Georg einen Lehrer, den er in Krisenzeiten um Rat fragen konnte.
Dieser Mann war einfach da. Er war streng, aber er hat mir zugehört. Ich glaube, er hat mich verstanden. Das hat mir sehr geholfen. (Georg)
Die ratlose Jugend
Die Jugend hat genauso viele Fragen und Sorgen wie wir Erwachsene. Corona, Teuerung, Krisen in den Nachbarstaaten, Kriege, ... Krisen, in denen auch wir Erwachsene vor neue Herausforderungen gestellt werden. Tatsächlich müssen auch wir lernen, mit Krisen umzugehen. Und vergessen als Gesellschaft unsere Kinder und Jugendlichen.
Denn sie sind es ...
... die, so vieles Schweigend hinnehmen (müssen).
wie auch anders, sie sind ja abhängig von uns!
... die, so manche Last von uns Erwachsenen abbekommen.
weil wir nicht fähig sind, unsere eigene Last zu tragen.
... die ihre Not nicht zum Ausdruck bringen können.
weil wir es nicht schaffen, über unser eigenen Nöte und Gefühle zu reden!
Das fehlende Vorbild
Was wäre anders, wenn wir über unsere Ängste und Gefühle reden könnten?
Was wäre anders, wenn unsere Jugendlichen hören würden, dass sich ihre Väter und Mütter auch um die Zukunft sorgen, jedoch einen Weg suchen und finden um damit umzugehen?
Was wäre, wenn wir unsere Kinder und Jugendlichen in ihrer kindlichen Not ernst nehmen? Es ist ihre LebensWelt.
Was wäre, wenn wir als Gesellschaft unsere Kinder und Jugendlichen als Potential der Gesellschaft ernst(er) nehmen?
Was wäre, wenn unsere Medien zukünftig mehr davon berichten, was es an Hilfestellungen, Best Practice oder anderen guten Beispielen gibt?
... was wäre, wenn hier deine Frage stehen würde, die dann schlussendlich wieder ein Stück positive Entwicklung anstößt?
Teile deine Fragen, deine Gedanken in den Kommentaren - als Beitrag von dir, für unsere Jugend und alle die einen Schritt weiter wollen...
TrendWende
An dieser Stelle könnten noch weitere Beispiele aufgezählt werden...
Es könnte noch weiter gejammert werden...
Oder kritisiert...
Wir können weiterhin Fehler und ihre Quellen suchen. Sie helfen uns nur, unsere Ohnmacht in ein Problem umzuwandeln.
Was wir brauchen sind Vorbilder und BestPractice. Sie helfen uns, unsere Ohnmacht in Lösungen umzuwandeln.
Lösungsansätze
Hier kommen (auch) die Männer ins Spiel! Jetzt ist die Gelegenheit, das zu ändern, von dem wir schon lange reden. Das zu ändern, was wir selbst gerne anders hätten.
Wann, wenn nicht jetzt!
Hier einige Tipps.
Versuche dich selbst - männlich, kraftvoll, mutig ...
Mann, sprich mit deinen Jungs über deine eigenen Gefühle.
Die Jungs werden erkennen, dass auch du Gefühle hast (und haben darfst) und so auch einen Zugang zu ihrer eigenen Gefühlswelt finden.
Mann, sprich mit deinen Jungs über deine Ohnmacht und Hilflosigkeit - gerade im Hinblick auf die derzeitigen Krisen. Sprich auch darüber was du gerade versuchst, was gelingt oder vielleicht auch nicht.
Die Jungs werden erkennen, dass auch du an Grenzen kommst, dich schwach und ohnmächtig fühlst. Das darf sein, denn gleichzeitig suchst du ja auch nach einem Weg.
Mann, sprich mit deinen Jungs über deine Fähigkeiten, deine Kompetenzen und wie du dir sie angeeignet hast. Was ist dir dabei gut gelungen, was weniger. Erzähle ihnen von deinem Abenteuer Leben.
Die Jungs werden sehen, dass auch du einen Weg gehst und werden ermutigt, auch ihren Weg zu beschreiten. Schritt für Schritt! (Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.)
Mann, gerade wenn männliche Vorbilder fehlen: du als Lehrer, Ausbilder, Politiker, Nachbar, ... hast eine besondere Vorbildwirkung! Dein Handeln, deine Wortwahl und dein Verhalten prägen!
Die Jungs werden es dir später danken, da du sie immer wieder (unbewusst) ermutigt hast, ihren eigenen Idealen treu zu bleiben.
Männliche Präsenz
Unsere Jungs sehnen sich nach präsenten Männern.
Männer, die auch bei (pubertärem) Gegenwind stehen bleiben
Männer, die ihre eigenen Grenzen kennen und diese "verteidigen"
Männer, die ihre Bedürfnisse kennen und gut auf sich achten
Männer, die sich selbst und ihr Umfeld respektvoll behandeln
Männer, die sich in ihrem MannSein mögen
Männer, die zu ihren Gefühlen stehen und diese auch zeigen können
...
VaterMännerDialog
Männer brauchen Vorbilder.
Männer brauchen andere Männer. Daher finden vierteljährlich die VaterMännerDialoge statt.
Dialoge, in denen Männer - so wie sie sind - Fragen stellen, sich austauschen, sich mitteilen.
WertVoll. Verbindend. Vorbildhaft.
Infos dazu auf meiner Homepage: www.cafeamwaldrand.at|VaterMännerDialog
Was unsere Jungs brauchen sind Männer, die sich selbst mögen. Männer, die stark sind und deshalb auch mal weinen. Männer, die für ihre Jungs da sind. Kraftvoll. Gefühlvoll. Klar.
Auch die Mädchen brauchen Männer. Jedoch ist der Kontakt VaterTochter oft einfacher und klarer. Deshalb richtet sich dieser Artikel an Männer und ihre Jungs.
Ich treffe in meinem Schaffen viele Männer, Väter, Großväter, Lehrer ... die einen neuen Weg gehen. Ihnen möchte ich diesen Artikel widmen. Bleibt mutig für eure Jungs.
Ja, lasst uns mutig sein für eine offene Begegnung.
Dein Coach, Bernhard

Foto: Bernhard Dünser
Texte und Zitate: Bernhard Dünser
Namen wurden geändert