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Mentale Stärke beginnt im Nervensystem

In diesem Artikel spreche ich besonders die Väter an. Sie wollen auch Verantwortung für ihre Kinder übernehmen. All meine Texte gelten natürlich auch für die Mütter, die mit viel Liebe und Engagement für ihre Kinder und Familie da sind.


Als Vater dein Kind stärken

Wenn wir heute von „mentaler Stärke“ oder „Resilienz“ bei Kindern sprechen, denken viele an Selbstvertrauen, Durchhaltevermögen oder emotionale Stabilität.

Aus entwicklungspsychologischer und neurobiologischer Sicht beginnt mentale Stärke jedoch viel früher – bereits ab dem ersten Moment auf dieser Erde und auf einer Ebene, die kaum bewusst steuerbar ist: im Nervensystem.

Das menschliche Gehirn kommt unreif zur Welt. Insbesondere jene Hirnareale, die für Emotionsregulation, Impulskontrolle und Stressbewältigung zuständig sind (präfrontaler Kortex), entwickeln sich erst über viele Jahre hinweg. Ein Baby kann sich daher nicht selbst beruhigen. Es ist vollständig darauf angewiesen, dass erwachsene Bezugspersonen helfen, innere Zustände zu regulieren.

Die heutige Bindungs- und Stressforschung zeigt eindeutig: Babys lernen emotionale Sicherheit nicht durch Worte oder Erklärungen, sondern durch wiederholte körperliche und emotionale Erfahrung. Wenn ein Säugling Stress erlebt – etwa durch Hunger, Müdigkeit oder Überreizung – und dabei zuverlässig begleitet wird, lernt sein Nervensystem etwas Entscheidendes:

Stress ist bewältigbar. Ich bin nicht allein. Mein Körper darf wieder zur Ruhe kommen.

Dieser Prozess wird in der Fachliteratur als Co-Regulation bezeichnet. Erwachsene „leihen“ dem Kind ihr ausgereiftes Nervensystem, indem sie ruhig bleiben, Halt geben, mit Stimme, Atmung und Körperkontakt Sicherheit vermitteln. Erst durch viele tausend solcher Erfahrungen entsteht nach und nach die Fähigkeit zur Selbstregulation – eine Kernkompetenz mentaler Stärke.

Neurowissenschaftliche Studien zeigen zudem, dass frühe Beziehungserfahrungen messbare Spuren im Gehirn hinterlassen. Ein sicher reguliertes Nervensystem ist weniger stressanfällig, kann Gefühle besser verarbeiten und bildet eine stabile Grundlage für Lernen, soziale Beziehungen und psychische Gesundheit. (Etwas, das leider viele von uns Erwachsenen erst spät lernen müssen, da dies im eigenen Heranwachsen gefehlt hat.)

Für uns Väter bedeutet das: Mentale Stärke bei Babys hat nichts mit Härte, Disziplin oder „Aushalten lassen“ zu tun, sondern mit Präsenz, innerer Ruhe und Beziehung. Der Vater ist nicht dafür da, Stress zu vermeiden – sondern ihn gemeinsam mit dem Kind zu bewältigen.


Was bedeutet „mental stark“ bei Babys überhaupt?

Ein Baby ist nicht mental stark, weil es „tapfer“ ist oder wenig weint. Ein Baby ist mental stark, wenn sein Nervensystem Sicherheit lernt.

Mentale Stärke im frühen Alter heißt:

  • Mein Körper fühlt sich sicher an

  • Meine Gefühle dürfen da sein

  • Ich werde verstanden und begleitet

  • Stress darf kommen – und geht wieder vorbei

Eine wichtige Grundlage für:

  • Selbstvertrauen

  • Emotionsregulation

  • Resilienz

  • spätere Konfliktfähigkeit

Das ist es, was wir unseren Kindern mit in die Welt geben wollen. Sie sollen starke Persönlichkeiten sein, die sich mit ihrem SoSein gut in ihrer eigenen Welt zurecht finden. Du kannst sie dabei unterstützen und begleiten.


Was hat das mit dem Nervensystem zu tun?

Wie oben beschrieben: Ein Baby hat kein reifes Nervensystem. Es kann sich nicht selbst beruhigen. Du als Vater bist das äußere Nervensystem des Kindes.

Wenn dein Baby - wie so oft:

  • schreit

  • zappelt

  • sich wegdreht

  • unruhig ist

dann sagt sein Nervensystem:

„Ich bin überfordert – bitte hilf mir!“

Es gibt zwei Zustände des Nervensystems: Kinder sind

  • Ruhig & sicher: Hier kann Lernen, Bindung, Wachstum stattfinden

  • Übererregt / Stress: Hier befindet sich dein Kind im Kampf, in der Flucht oder es erstarrt

Babys wechseln ständig zwischen beiden Zuständen. Sie sind ja wie neue Mitbewohner*innen, Erdenbürger*innen die ihren Platz auf diesem Planeten noch finden müssen. Wir als Väter können diese beiden Zustände weder vermeiden noch sie von unseren Kindern fernhalten. Hier liegt ein wichtiges Lernen fürs Leben: Mentale Stärke entsteht nicht durch Vermeidung von Stress, sondern durch:

Stress gemeinsam regulieren

Die wichtigste Fähigkeit eines Vaters

X Nicht: Probleme lösen 
X Nicht: Ablenken 
X Nicht: „Ist doch nichts“

Sondern: Co-Regulation, was so viel bedeutet wie:

Ich bleibe ruhig – während mein Kind es noch nicht kann.

Co-Regulation bedeutet, dass dein Kind seine Gefühle und seinen Stress noch nicht selbst beruhigen kann und dafür deine Unterstützung braucht.

Durch deine ruhige Präsenz, Stimme, Berührung und Halt „leihst“ du ihm dein stabiles Nervensystem, bis es diese Fähigkeit nach und nach selbst entwickelt.


Praxisnahe Übungen für Väter

„Mein Atem reguliert mein Kind“

Wann: Beim Weinen, Tragen, Einschlafen

So geht’s:

  1. Baby nah an den Körper nehmen (Brustkontakt)

  2. Langsam durch die Nase einatmen

  3. Länger ausatmen als einatmen (z. B. 1-2-3-4 ein – 1-2-3-4-5-6 aus)

  4. Leise summen oder tief sprechen

Was es bewirkt:

  • Babys spüren Herzschlag, Atemrhythmus, Muskelspannung

  • Dein ruhiger Atem gibt dem Kind das Signal für Sicherheit

„Ich beruhige zuerst mich – dann mein Kind.“

Halt statt Aktion

Wann: Wenn das Baby unruhig ist

Typischer Fehler:

  • ständig bewegen

  • Spielsachen wechseln

  • ablenken

Stattdessen kannst du:

  • Still sitzen oder langsam wiegen

  • beide Füße fest am Boden

  • Baby sicher halten

  • nichts „tun“, nur da sein

Das Nervensystem lernt:

„Ich darf fühlen – und werde gehalten.“

Stimme als Sicherheitsanker

Babys verstehen Worte nicht – aber deinen Tonfall.

  • tief, ruhig, langsam sprechen

  • kurze Sätze:

"Ich bin da."
"Du bist sicher."
"Ich halte dich."

Die Kinder kennen unsere VaterStimme. Wenn wir auch in "guten" Momenten im Alltag präsent sind, wirkt diese Übung in "schwierigen" Momenten stark regulierend.


Stress benennen (auch wenn das Baby es nicht versteht)

Leider haben viele Männer schon früh gelernt, dass Gefühle besser nicht angesprochen werden. Sprüche wie:

Ein Indianer kennt keinen Schmerz
Sei keine Memme
Halte durch, reiß dich zusammen

Diese Übung kann deshalb sehr ungewohnt, ungewöhnlich sein. Ich wünsche dir den Mut, dennoch hinzufühlen. Was ist in dir los? Was passiert gerade in deinem Umfeld.

Dein Kind, auch wenn es noch nicht spricht oder eigene Gefühle benennen kann, spürt genau, das etwas anders ist. Es ist deshalb verunsichert und drückt dies vielleicht durch Auffallen (lästig sein, laut sein,...), nicht zur Ruhe (Schlafen) kommen oder Rückzug aus. Wir können dem Kind helfen in dem wir unsere eigenen Gefühle benennen; dies strukturiert das Nervensystem.

Das könnte so passieren:

"Das ist gerade viel für mich."
"Ich bin müde."
"Jetzt ist alles wieder ruhig."
"Ich bin gerade traurig."

Das trainiert später:

  • Emotionssprache

  • Selbstwahrnehmung

  • innere Ordnung

„Stress kommt – und geht.“

Erfahrungsaustausch mit Vätern (Impulse für Gespräch)

Sprich doch mit anderen Vätern über deinen und deren Alltag. Dies kann sehr entlastend sein und auch dich in der eigenen CoRegulation unterstützen.

Kennst du schon mein Angebot für Väter? Komm doch gerne zu den PapaKindTreffs.



Die Mentale Stärke deines Kindes beginnt bei deiner eigenen Selbstwahrnehmung.
Dein Kind braucht keinen perfekten Vater. Es braucht einen präsenten, regulierten Vater.
„Ich bin ruhig genug für uns beide.“
Ein präsenter regulierter Vater kann sein Kind Coregulieren.
Dein Kind braucht keinen perfekten Vater. Es braucht einen präsenten, regulierten Vater.

 
 
 

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Bernhard Dünser BEd, MA

Systemischer Coach | Supervisor

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