Trigger!! Er hat mich sexuell missbraucht
- Bernhard Dünser Cafe am Waldrand

- vor 6 Tagen
- 5 Min. Lesezeit
#ralph, so nennen wir ihn. #ralph ist 32 Jahre alt. #ralph ist ein erfahrener Maurer. Er kennt sein Handwerk, arbeitet präzise, zuverlässig, körperlich hart.
Viele würden sagen: ein tüchtiger Mann in einem sicheren Beruf.
Jedoch so beschreibt sich #ralph als er zu mir kommt nicht.
Er erzählt mir:
Ich bin gut in meinem Beruf, aber ich verliere immer wieder den Job. Immer wieder. Irgendwann. Das muss sich jetzt ändern. Irgendwann nimmt mich keiner mehr.
Was zunächst nach einem klassischen beruflichen Problem klingt, entpuppt sich schnell als etwas Tieferes.
Im Gespräch erzählt mir #ralph von seiner Kindheit. Von etwas, das er lange nicht in Worte fassen konnte. Von sexuellem Missbrauch, den er als Kind erlebt hat. Er sagt diesen Satz ruhig, fast sachlich – und doch liegt darin eine unfassbare Schwere.
Schon lange ist für mich das Leben wie ein Nebel.
Dieser Nebel begleitet ihn täglich. Er zeigt sich nicht nur in schlaflosen Nächten oder plötzlichen Erinnerungen. Er zeigt sich auch im Arbeitsalltag. In Momenten, in denen die Konzentration plötzlich weg ist. In innerer Anspannung, die niemand sieht. In Konflikten mit Vorgesetzten, in Rückzug, in einem Gefühl von innerer Distanz – selbst dort, wo eigentlich Sicherheit sein sollte.
Trauma hinterlässt Spuren
Traumatische Erfahrungen hinterlassen Spuren. Nicht immer laut, nicht immer sichtbar. Oft funktionieren Menschen jahrelang – scheinbar problemlos. Sie arbeiten, leisten, halten durch. Und doch gibt es etwas, das immer wieder dazwischenfunkt. Etwas, das sabotiert, ohne dass sie es wollen. Oder verstehen.
#ralph ist kein Einzelfall. Die gleiche Geschichte könnte auch #hannah erzählen. Viele Erwachsene, die in ihrer Kindheit Gewalt oder Missbrauch erlebt haben, kämpfen später mit ähnlichen Mustern:
Instabile Arbeitsverhältnisse,
Schwierigkeiten mit Autoritäten,
Selbstzweifel trotz Kompetenz.
Nicht, weil sie unfähig sind – sondern weil ihr Nervensystem gelernt hat, ständig in Alarmbereitschaft zu sein.Was braucht #ralph jetzt?
Was #ralph braucht, ist nicht „mehr Disziplin“ oder „sich zusammenreißen“. Was er braucht, ist Anerkennung für das, was er überlebt hat. Und Unterstützung dabei, den Nebel langsam zu lichten.
Der erste Schritt ist oft, die eigene Geschichte ernst zu nehmen. Zu verstehen: Das, was passiert ist, war nicht meine Schuld. Und das, was mich heute hindert, ist keine Charakterschwäche, sondern eine tiefe - noch offene Wunde oder Verletzung.
Veränderung ist möglich.
Veränderung ist möglich. Nicht von heute auf morgen. Aber Schritt für Schritt. Mit professioneller Hilfe, mit Verständnis, mit Geduld – und mit der Erkenntnis, dass kleine Erfolge mehr sind als ein stabiler Lebenslauf. Manchmal beginnt Erfolg genau dort, wo jemand den Mut findet zu sagen: So wie es ist, kann es nicht bleiben.
#ralph ist auf diesem Weg. Und allein das ist bereits sein Erfolg.
Neurosystemische Integration – kleine Schritte aus dem Nebel
Wenn Menschen wie #ralph immer wieder „funktionieren“ und trotzdem scheitern, liegt das oft nicht am Können, sondern am Nervensystem. Ein Nervensystem, das früh gelernt hat: Die Welt ist unsicher.
Integration bedeutet hier nicht „vergessen“, sondern dem Körper neue Erfahrungen von Sicherheit zu ermöglichen. Kleine, wiederholbare Impulse können langfristig viel verändern. Als psychosozialer Berater und traumasensibler Coach i.A. bin ich mir dessen bewusst und begleite Menschen auf ihrem Weg.
Den Körper zuerst ansprechen – nicht den Kopf
Traumatische Erfahrungen sitzen nicht nur im Gedächtnis, sondern im Körper. Deshalb hilft es oft wenig, sich etwas „vorzunehmen“.
Alltagstipp: Vor der Arbeit oder in Pausen kurz innehalten und sich fragen: Was spüre ich gerade in meinem Körper?
Nicht bewerten, nur wahrnehmen: Füße am Boden, Atem, Spannung.
Schon 30–60 Sekunden bewusste Körperwahrnehmung können das Nervensystem aus dem Alarmmodus holen.
Orientierung schafft Sicherheit
Ein traumatisiertes Nervensystem lebt oft innerlich in der Vergangenheit. Orientierung im Hier und Jetzt wirkt regulierend.
Alltagstipp:
Mehrmals täglich bewusst
fünf Dinge benennen, die du sehen kannst,
vier Dinge, die du hörst,
drei Dinge, die du fühlst.Diese einfache Übung signalisiert dem Gehirn: Ich bin jetzt hier. Und es ist gerade okay.
Rhythmus I Rituale statt Kontrolle
Viele Betroffene versuchen, ihr Leben durch Kontrolle zu stabilisieren – was zusätzlichen Stress erzeugt. Das Nervensystem reagiert besser auf Rhythmus oder Rituale.
Alltagstipp: Feste, einfache Rituale einführen:
Morgens schon eine Kaffee- oder Teepause in deinem Lieblingsstuhl, derselbe Start in den Arbeitstag,
dieselbe kleine Pause um Luft zu holen,
dieselbe Handlung nach Feierabend (Kleidung wechseln, Duschen, Gesicht waschen,...).
Nicht perfekt, nur verlässlich.Ressourcen bewusst verankern
RessourcenMomente wie Ruhe oder Erholung, ein Spaziergang oder ein Erlebnis gehen oft schnell wieder verloren. Das Nervensystem braucht Wiederholung, um Neues zu speichern.
Alltagstipp: Wenn sich etwas auch nur ein wenig gut anfühlt (eine gelungene Arbeit, ein ruhiger Moment):
– kurz innehalten
– drei Atemzüge
– innerlich sagen: Das ist gerade gut.So lernt das System langsam, Positives anzunehmen und zu integrieren.
Grenzen spüren, bevor sie überschritten werden
Energieverluste und auch im oberen Beispiel der Jobverlust, entstehen oft dort, wo innere Warnsignale übergangen werden – bis es eskaliert.
Alltagstipp: Frühzeichen erkennen:
– flacher Atem
– Gereiztheit
– inneres WegdriftenDas sind keine Schwächen, sondern Signale. Wer sie ernst nimmt, kann früher reagieren – statt später zu explodieren oder zu verschwinden.
Beziehungen wirken regulierend
Ein Nervensystem heilt nicht allein. Sicherheit entsteht in Kontakt – auch in kleinen, dosierten Begegnungen.
Alltagstipp:
Mindestens eine Person, bei der kein „Funktionieren“ nötig ist.
Kein Erklären, kein Rechtfertigen.
Nur da sein dürfen.Das ist keine Abhängigkeit – das ist Regulation. Gerade in schwierigen Lebensphasen kann deshalb auch eine professionelle Lebensbegleitung eine richtige Hilfestellung sein.
Suche dir jemanden, der dir und deinem Thema:
Raum gibt.
Zuhört ohne gleich mit Ratschlägen zu kommen.
eine vertraulichen Rahmen schafft, der dir Sicherheit gibt.Du kannst gerne auf meiner Website nachschauen, ob ich dir diesen Raum geben kann?
Geduld als aktiver Prozess
Integration schwieriger LebensErfahrungen ist kein linearer Weg. Rückschritte gehören dazu.
Wichtig ist die innere Haltung:
Nicht: „Warum bin ich schon wieder so?“
Sondern: „Mein System, mein Körper, mein Gehirn lernt noch.“
Ja, ich habe eine Geschichte und bin auf dem Weg.Fazit
Für Menschen wie #ralph bedeutet Veränderung nicht, ein anderer zu werden. Sondern sich selbst langsam wieder zu entdecken. Sexueller Missbrauch oder auch andere Formen von Gewalt machen den Körper oft "unbewohnbar".
Betroffene sagen ja oft:
ich fühle mich so leer
es ist so taub
ich fühle mich so kontaktlosSich mit der eigenen Geschichte vertraut zu machen, Heilung zuzulassen braucht Zeit und aktives Hinschauen.
Ich kann dir hier eine Geschichte dazu schreiben. Als Kind war ich selbst lange Opfer von sexuellem Missbrauch, später als Jugendlicher und junger Erwachsener in einer religiösen Einrichtung in der emotionaler und spiritueller Missbrauch an der Tagesordnung stand. Lange war mein Leben von Zerrissenheit geprägt. Gut, bin ich auf dem Weg und weiß, dass sich die Nebel lichten. Das wünsche ich auch dir!
Dein Bernhard
Schön, dass du bis hierher gelesen hast. Wenn dir der Beitrag geholfen hat, hinterlasse gerne ein Herz. Das erhöht meine Reichweite und hilft dadurch auch anderen #ralphs und #hannahs.








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